Mittwoch, 20. Oktober 2010

Wiederaufnahme in Sicht...

Seit Anfang Oktober treffen wir uns wieder, um die Wiederaufnahme von "Suche Arbeit, biete Leben" vorzubereiten. Vorzubereiten? Erinnern! Das ist das Stichwort. Und der Text ist da noch das Geringste. Von wo komme ich? Gehe ich nach links oder nach rechts ab? Und wo stand ich? Diese Textstelle fand ich immer schon so schwer...
Die Proben finden im Moment noch ohne die Requisiten und ohne das Bühnenbild statt. Das macht das Orientieren auch nicht gerade leichter.
Szene um Szene gehen wir durch das Stück, wiederholen, proben und holen Vergessenes wieder in Hirne und Körper zurück. Nach den ersten beiden Proben haben alle das Gefühl, dass wir uns erinnern und den Ablauf des Stücks wieder in die Köpfe bekommen werden. Dank Elena gibt es sehr exakte Mitschriften des Ablaufs und das macht es einfacher.
Die aktuelle Hartz IV-Diskussion ist immer wieder Thema und sorgt auch unter den Spielern für Diskussionsstoff.
Am 10.11.2010 von 19-21 Uhr sind wir Gäste beim "Roten Salon" des Consol Theaters zum Thema "Zukunft der Arbeit". Zwei Szenenausschnitte werden wir dort zeigen.
Es geht wieder los...

Freitag, 12. März 2010

Letzte Vorstellung der 1. Staffel

Samstag, 6.3.2010

13:05
Leicht verspätet (durch einen Stau auf der Bismarckstrasse!!!) komme ich bei einem unser Spieler an. Wir sind dort mit einem Journalist vom WDR verabredet, der über unser Projekt berichten will. Aktenordner mit Bewerbungen werden in die Kamera gehalten, Fred und Alfred erzählen, wie mühsam es ist, sich zu bewerben und auch wie schwergängig die staatliche Vermittlung dabei ist. Beide haben allerdings sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht: Während dem einen eine Weiterbildungsmaßnahme problemlos bewilligt wurde, bekam der andere eine nötige Computerprogrammschulung nicht. Wegen seines Alters.

15:00
Ich fahre zum Theater, bereite die Kostüme und Requisiten vor. Da am Tag vorher eine große Veranstaltung im Theater war, mussten wir alles wegpacken. Nachher wird keine Zeit dazu sein, weil ja geprobt und gefilmt werden muss...
Auf meinem Handy geht eine SMS ohne Inhalt ein. Ich rufe zurück. Eine Spielerin meldet sich. Sie hat eine Stimmbandentzündung, hofft aber, dass ihre Stimme beim Auftritt heute abend mitmacht. Sie trinkt Salbeitee und luscht Hustenbonbons.

17 Uhr
Der zweite Anruf: Stimme ist komplett weg, außerdem Übelkeit. An Theaterspielen ist da gar nicht zu denken, da hilft nur Bettruhe. Ich wünsche von Herzen gute Besserung und gleichzeitig rattert es im Kopf, was das für die kommenden Vorstellung bedeutet. Der alte Theaterspruch "Der Lappen muss hoch" schwirrt in meinem Kopf. Der ist da seit meiner Assistentenzeit eingebrannt.
Barbara und ich gehen die Szenen durch und entscheiden uns fürs Streichen.

17:45 Uhr
Die ersten Spieler kommen, ziehen sich um und wir starten direkt mit den Proben von einzelnen Szenen. Der WDR filmt. Dazwischen noch Soundcheck. Alles wird doch ziemlich knapp. Brötchen abholen, Schminken, Aufwärmen, dazwischen kurze Interviews - das alles im Schnelldurchlauf heute.

19:45 Uhr
Einlass.

Um 22 Uhr ist eine sehr schöne, lebendige Vorstellung zu Ende und gemeinsam mit dem Publikum wird diskutiert. Auch kontrovers.

Ab 22:30 Uhr sitzen wir alle am langen Tisch in der Kellerbar und freuen uns über das gelungene Projekt. Und auf die nächsten Vorstellungen im November 2010!

P.S. Unter http://www.wdr.de/mediathek/html/regional/2010/03/09/lokalzeot-duisburg-hartz-iv-buehne.xml kann man sich den entstandenen Beitrag ansehen.

Mittwoch, 3. März 2010

Schon die vorletzte Vorstellung...

Sonntag, 28.2.2010

16:00
Sturmtief "Xynthia" hat auf dem Vorplatz das Dach der Freilichtbühne runtergefetzt. Man muss sich mühsam durch den Regen kämpfen. Mal sehen, ob die angemeldeten 140 Zuschauer kommen? Und alle Spielerinnen und Spieler?

16:30
Per Sms kriege ich Bescheid, dass zwei Spieler später, aber noch rechtzeitig kommen werden.
In den Vorbereitungen sind wir inszwischen alle miteinander richtig routiniert.
Eine Szene, die bei der letzten Vorstellung unsicher war, möchte ich noch vorher proben.

17:45
Alle sind auf ihren Anfangspositionen. Alle sind da. Und das Publikum auch. Durch den Sturm.

18:30
Während der Vorstellung hört man den Wind stürmen. Vielleicht ist es auch die Consol Fahne, die heftig flattert? Aber das hat irgendwie auch was.

20:00
Beim Publikumsgespräch ist eine Frau aus Mannheim. Sie sagt etwas sehr Schönes: "Ich bin hier durch Zufall hingekommen. Ich würde wünschen, dass die Wände des Theaters aus Glas sind. So dass man von außen hinein sehen kann. Und sieht, was hier Wunderbares gespielt wird. Ich würde sie alle am liebsten mit nach Mannheim nehmen!"

Vierte Runde

Freitag, 26.2.2010

18:20
Ich stürme -durch Stau mit leichter Verspätung- in die Bäckerei unseres Vertrauens, um die 30 Brötchen für die Vorstellung abzuholen. Aber es gibt sie nicht. Die Chefin hat eine Backofen-Fuhre verbrennen lassen und jetzt sind keine da. Tja, auch Chefs sind nur Menschen. Jetzt gibt es nur noch Mohnbrötchen und Zwiebelstangen. Also her damit!

18:30
Mit Diana schmiere ich Brötchen und warte auf das Eintreffen der anderen. Denn: die Technik hat den Filmbeitrag von Sat 1 schon auf unsere Bühnenleinwand geworfen, damit wir ihn uns gemeinsam angucken können.
Unter folgendem Link findet man ihn im Internet:
http://www.sat1nrw.de/Archiv/Hartz-IV-Theaterstueck/441d1550/
Wir witzeln, dass man ja immer um 5 Kilo dicker aussieht im Film und gucken uns gemeinsam den Beitrag an.

19:00
Gisela und Chrissi werden vom Ton verkabelt.

19:20
Ein entspannendes Warm-Up stimmt alle auf die Aufführung ein. Ich könnte im Stehen einschlafen. Sven ist da, um die Aufführung zu filmen.

20:00
Vorstellung läuft. Eine gute, wie ich finde.

22:00
Im anschließenden Publikumsgespräch geht es um die Entstehung des Projekts; um die einzelnen Szenen.
"Das war eine sehr runde Sache!"
"Toll, wie authentisch da vom eigenen Leben erzählt wurde."
"Von wem stammten die Sachtexte?" "Von Jeremy Rifkin, 1994 geschrieben." "Ja,absolut aktuell. Aber viele Texte von Karl Marx sind das auch."
"Ich hätte auch noch spannend gefunden, wenn ein Kind arbeitsloser Eltern mitgespielt hätte und seine Perspektive erzählt hätte."

Dritte Vorstellung

Mittwoch, 24.2.2010

17:30
Es hat einen Wetterumschwung gegeben, es ist warm draußen. Aber der bedeutet auch irgendwie starke Müdigkeit bei allen Spielerinnen und Spieler. Teilweise kommen sie direkt von der Schule oder von der Arbeit ins Theater und heute ist das auch deutlich zu merken. Aber jetzt erstmal ankommen, umziehen und dann Konzentration auf die vor uns liegende Vorstellung.

18:20
Beim Warm-Up machen wir Übungen, die Energie und Schwung bringen.

19:00
Die Vorstellung beginnt. Auch das Publikum ist vom Wetterwechsel leicht beeinflusst. Die Reaktionen sind verhaltener als bei den beiden ersten Vorstellungen.

20:00
Alle Brötchen sind verteilt. Nochmal Schwung holen für den zweiten Teil!

21:00
Beim Applaus wird stärker geklatscht als bei den beiden vorangegangenen Vorstellungen. Klatschen und Trampeln erfreuen und erfrischen das Ensemble.
Viele jüngere Menschen sind heute bei der Vorstellung und so wird das Publikumsgespräch zum Dialog zwischen Jung und Alt:
"Warum gibt es die Szene, in der die Trümmer gezeigt werden? Es ist doch gut, dass das Dritte Reich in Schutt und Asche gelegt wurde!"
"Warum wird die Arbeit als solche nie in Frage gestellt? Es könnte doch auch eine Szene über Müßiggang geben."
"Arbeit gehört zu unserer Gesellschaft dazu. Ich finde es merkwürdig, wenn mir mein Sohn sagt, dass er nach dem Abitur erstmal ein dreiviertel Jahr nichts tun möchte. Irgendwie verstehe ich das auch, aber man muss aufpassen, dass man nicht den Anschluß verpasst."
"Ist ehrenamtliche Tätigkeit eine Perspektive?"

Donnerstag, 25. Februar 2010

Die Zweite

Sonntag, 21.2.2010

16:00 Uhr
Alle Spielerinnen und Spieler kommen nach und nach im Theater an. Nach so einer intensiven Probenzeit ist ein Tag Pause fast merkwürdig und daher begrüßen sich alle so, als hätten wir uns schon lange nicht mehr gesehen. Es wird sich darüber ausgetauscht, was das Publikum zu der Premiere gesagt hat; mit wem man sich über unser Stück unterhalten hat. Die Reaktionen sind fast ausschließlich positiv.
Danach Umziehen und Schminken. Und wieder Brötchen schmieren.

17:20 Uhr
Das Aufwärmtraining startet mit einem "Massage-Kreis": "Das könnten wir jetzt doch auch stundenlang machen... Und das Publikum miteinbeziehen". Gelächter von allen. Danach geht es mit Tanzen und Körperarbeit weiter.

17:45 Uhr
Alle sitzen auf ihren Startpositionen hinter der Bühne und das Publikum betritt den Zuschauerraum.

18:02 Uhr
Die zweite Vorstellung läuft.

19:00 Uhr
Pause. Und weil alle Zuschauer Abendbrot-Hunger haben sind die Brötchenplatten in Windeseile leer...

20:00 Uhr
Publikumsgespräch. Es wird viel über das Thema "Arbeitslosigkeit" gesprochen und einige Menschen äußern sich betroffen über einige der Szenen:
- "Ich habe keine Arbeitslose in meinem Bekanntenkreis. Jetzt haben die Schlagzeilen in den Nachrichten für mich Leben bekommen. Ich habe jetzt einen Einblick gewinnen können, wie ein Mensch sich fühlt, wenn er Hartz IV bezieht!"
- "Ich bin selbst seit einem dreiviertel Jahr arbeitslos. Aber den ganzen Tag Fernsehen ist für mich keine Perspektive!"
- "Ich hätte mir mehr Statistisches gewünscht! Die Texte von Rifkin gingen da für mich in die richtige Richtung"
- "Eine gute Mischung zwischen ernsten Szenen und lustigen!"

Montag, 22. Februar 2010

Premierenfieber

Freitag, 19.2.2010

14:00 Uhr
Als ich nach Hause komme, sind die Kostüme leider immer noch feucht... Naja, nicht alle, aber die meisten. Ich fange an zu bügeln... Das geht so leidlich, ist aber ausgesprochen mühsam.

16:00 Uhr
Ankunft im Theater. In den Garderoben drehe ich die Heizungen auf, damit die Kostüme weiter trocknen können. Zum Waschsalon suchen und einen Trockner diese Arbeit erledigen lassen, ist keine Zeit mehr. Irgendwie absurd das alles.
Susanne Lenz von der Seniorentheaterplattform hilft beim Bügeln. Außerdem bekommt das Bügeleisen Verstärkung von einem Fön. Im Film fände man so was wieder total übertrieben...
Zum ersten Mal in meinem Berufsleben habe ich noch keine Toi Toi Toi-Karten geschrieben; dafür war einfach keine Zeit. Immerhin haben wir an alle gedacht; das ist doch schon mal was.
Brötchen hat Elena besorgt, Barbara leuchtet noch nach...

19:00 Uhr
Die Kostüme sind jetzt leidlich trocken, dafür haben wir jetzt ein Strumpfhosen-Problem ("Laufmasche") und zum Glück gibts Geschäfte auf der anderen Straßenseite. Also schnell neue besorgen und Ersatzstrumpfhosen gleich mit.
In dem ganzen Wirbel fange ich an, mich auf die heutige Premiere zu freuen!

19:30 Uhr
Warm-Up

19:45 Uhr
Einlass

20:03 Uhr
Beginn der Vorstellung "Suche Arbeit - biete Leben"

Ab 22 Uhr feiern wir mit allen Spielerinnen und Spielern, mit Dr. Christian Esch vom NRW Kultursekretariat, mit Michael Gees und Andrea Kramer, mit dem Team vom Consol Theater, mit unseren Freunden, Bekannten und Verwandten die gelungene Premiere!

Countdown: Generalprobe

Donnerstag, 18.2.2010

13:00 Uhr
Die letzten Korrekturen für das Programmheft werden von Georg Kentrup und mir eingearbeitet. Die Fotos der Spielerinnen und Spieler sind schön geworden und ergänzen die Texte auf gelungene Weise. Wir beide sind erleichtert. Ist doch auf den letzten Metern (wie eigentlich immer) ein bißchen knapp geworden. Um 14:00 Uhr muss das Ganze in der Druckerei sein...

16:00 Uhr
Barbara Wachendorff gibt mit zwei von unseren Experten ein Interview für Sat 1. Danach werden sie die Generalprobe mitfilmen. Also können die Kostüme erst morgen gewaschen werden.

17:00 Uhr
Brötchen abholen für die "Mettbrötchen-Szene" und Kräuterquark kaufen.

18:00 Uhr
Nach einem kurzen Warm-Up beginnt die Generalprobe und wir kommen durchs Stück. Zum Glück! Dazwischen: Interviews, Schminken für die Kamera, Brötchen schneiden und schmieren, Requisiten kontrollieren, Fragen beantworten, Soufflieren.

22:00 Uhr
Barbara und ich verlassen das Theater. Schweren Schrittes. Ab nach Hause zu Rotwein und Bett!

1:00 Uhr
Die Waschmaschine schleudert die letzte Runde. Puuh! Die armen Nachbarn. Aber wenn ich die Kostüme heute nicht wasche, werden sie bis morgen nicht trocken.

Sonntag, 21. Februar 2010

Material fürs Projekt, das nicht mehr eingebaut werden konnte

Ein Job (Musik: „One Love“ von David Guetta, Text: Fred und Micha)


Kann uns jemand helfen, haben keinen Plan
Gibst den kleinen Finger, nehmen sie dir den Arm
Haben kein Lust mehr, jeder schubst uns rum.
Damit ist jetzt Schluss, wir bleiben nicht mehr stumm.
Das ist der Grund, warum wir hier stehn.
Haben maloocht, doch das will keiner mehr sehn.
Man nennt uns Schmarotzer, schimpft uns arbeitsscheu.

Koch stempelt uns ab, macht Arbeitspflicht neu
Das haben wir so nicht verdient.
Jahrzehnte gearbeitet und jetzt verhöhnt
Jetzt sagt uns, wo sind denn die Jobs,
die echten, die ehrlichen, nicht billige Flops.

Ein Job, den suchen wir für uns. Ein Job ist das, was uns jetzt fehlt
Ein Job, bei dem das Geld auch stimmt. Ein Job, der Spaß macht und uns braucht.
Ein Job, der uns ernähren kann. Ein Job, in dem sich Arbeit lohnt.
Ein Job, der unsrem Leben Sinn gibt. Ein Job, wer weiß nur, wo es den gibt.
Ein Job---------

Wir suchen Arbeit. Wir suchen Arbeit. Wir suchen Arbeit. Wir suchen Arbeit

Gib niemals auf, nimm dein Leben in die Hand.
Reiß die Mauer ein der bürokratischen Wand.
Die Hoffnung stirbt zuletzt, tritt für dich selber ein.
Kämpf für dein Recht, dann wirst du Sieger sein.

Ein Job

Countdown: In drei Tagen ist Première

Mittwoch, 17.2.2010

10:00 Uhr
Mein Handy klingelt. Eine Redakteurin von Sat 1 von der Sendung "17:30" interessiert sich fürs Projekt und möchte am Donnerstag gerne die Generalprobe mitdrehen lassen. Außerdem interessiert sie sich für ein Gespräch mit zwei von unseren Spielern außerhalb des Theaters. Ob das ginge? Klar, da freuen wir uns doch! Drei Telefonate später ist alles vereinbart.

12:30 Uhr
Ich tausche die nicht passenden Kostüme in der Innenstadt um. Treffe dabei einen unserer Arbeitsexperten, der auf mich traurig wirkt. Lampenfieber? Der Druck ist jetzt gegen Ende der Produktionszeit für alle enorm hoch.

14:00 Uhr
Zurück im Theater kommt mir Barbara mit einer großen Tüte entgegen. Die sei für sie abgegeben worden. In der Tüte: ein Kostüm und ein Brief. Im Brief steht, neben Dank an uns, dass der Absender nicht mehr im Projekt mitmachen kann.
Wir machen uns große Sorgen. Und funktionieren gleichzeitig wie ein Uhrwerk: Barbara fährt zur Wohnung des Arbeitsexperten, ich werde die angesetzten Proben leiten und gucken, ob und wie wir eine Lösung für den fehlenden Spieler finden können.

15:00 Uhr
Probe. Es ist schön zu sehen, wie sich Szenen noch auf den letzten Metern in die Zielgerade entwickeln und "freispielen".
Beim Durchsehen des Stücks haben wir gemerkt, dass wir nur eine Szene streichen müssen. Da der zweite Teil des Stücks eher zu lang ist, können wir künstlerisch gut damit leben. Die Sorge um unseren Experten ist aber weiterhin da.

17:00 Uhr
Alle Spieler sind da. Kaffee ist gekocht und Wilma, die heute Geburtstag hat, hat Kuchen und Brötchen für alle mitgebracht. Der Journalist Stefan Keim ist heute da, um für "Scala" einen Beitrag zu machen. Von ihrer Kaffeetafel weg, wird Wilma zum Interview fürs Radio gebeten.
Wir erzählen dem Ensemble von dem "Ausstieg" des Experten und alle sind betroffen und traurig.

18:00 Uhr
Für das Programmheft müssen noch Porträtfotos gemacht werden. Alle Spieler setzen sich einzeln vor die Tapeten und werden von Martin Möller fotografiert. Danach dann der Durchlauf durchs Stück mit den veränderten Szenen und der veränderten Besetzung.

21:20 Uhr
Die Probe ist eigentlich schon seit 20 Minuten zu Ende, aber die letzte Szene ist noch nicht gespielt worden. Barbara Wachendorff bricht die Probe ab. Alle sind müde. Das war ein anstrengender Tag in jeglicher Hinsicht.

Mittwoch, 17. Februar 2010

Alles wächst

Seit letzten Samstag proben wir nun unser gesamtes Stück im Ablauf. Die einzelnen Szenen fügen sich zu einem Ganzen. Das ist spannend zu sehen.
Seit Dienstag ist die Beleuchtung und der Film dazugekommen und mit jeder Probe entsteht ein klareres Bild von unserem Abend. Auch wenn die Aufregung allen deutlich anzumerken ist.
Von welcher Seite trete ich auf? Wann trete ich auf? Was ist mein Stichwort? Welche Szene kommt jetzt?
Hinter der Bühne ist die Stimmung aufgeregt, aber gleichzeitig hoch konzentriert.
Wenn ich die Seite wechsle und mich in den Zuschauerraum setze, dann ist davon fast nichts zu spüren. Das fasziniert mich immer wieder.

Mittwoch, 10. Februar 2010

Eine kleine Presseschau zum aktuellen Urteil zur HARTZ IV - Gesetzgebung:


TAZ

Sueddeutsche Zeitung
Die Welt
Frankfurter Allgemeine Zeitung
WAZ
Die Zeit

Dienstag, 9. Februar 2010

Sonntagszuschlag

Es ist Sonntag. Noch 13 Tage bis zu unser Premiere. Alle Szenen sind geschrieben. Aber die Reihenfolge der Szenen? Wie soll die Reihenfolge sein? Ich bastele bunte Blätter (Anzahl der Spieler in den Szenen) und schreibe die Titel darauf. Alles auf den Fußboden legen. Gleich kommt Barbara Wachendorff zu mir und wir wollen die Abfolge festlegen.
Barbara hat weiße Zettel gebastelt. Also bunt und weiß auf blauem Teppich. Leicht ist das nicht. Einfach anfangen. Die ersten Szenen liegen in einer richtigen Reihenfolge. Allmächlich formt sich aus dem Zettelhaufen eine Reihe. Immer wieder gehen wir die Reihe durch, verschieben Szenen nach hinten; das hat dann auch immer wieder Konsequenzen für andere Szenen. Also weiter schieben. Nach zwei Stunden Bedenken und Verschieben, Diskutieren, im Kopf-als-Film-Ablaufen lassen, haben wir ein erstes Ergebnis. In der nächsten Woche werden wir das auf der Probe überprüfen können und sehen, ob wir etwas verändern müssen. Für heute sind wir zufrieden.

Elena, unsere Hospitantin, hat mir einen Zettel gegeben. Bei den Proben hat sie Sätze aufgeschrieben, die Deutsch und Englisch munter miteinander mischen. Für uns ist es inszwischen fast normal, ständig die Sprache zu wechseln.
Wenn man den ganzen Tag im Theater ist, schafft das Sprachenwechseln ein Gefühl von "Arbeit in New York".

Kostproben unseres Denglish:

Du go over the black Bühnenboden.
You play is very nice on the Bühne.
There is nobody doof.
People come und schwenken, you know, they schwenk.
You know: like bestellt und nicht abgeholt.
Wir brauchen everybody of you.
This will be our Endprobenwoche.
Right from the Straßenstrich.
She has it gekauft.

Donnerstag, 4. Februar 2010

Aus dem Probentagebuch (2)

Noch 3 Wochen bis zur Premiere. Die Proben werden länger und anstrengender. Auch Barbara merkt man eine gewisse Anspannung an. Der Text sitzt noch nicht. Die Positionen sind noch nicht klar, eine gewisse Unruhe breitet sich aus. Der Spaß kommt trotzdem nicht zu kurz.
"Das sage ich heute, mal sehen, ob ich das einen Tag vor der Premiere auch noch sage."
Bei dem Gedanken bekomme ich Hitzewallungen.


Jetzt gehts bei mir looooos! Irgendwie merke ich mir meine Texte nicht. Alpträume sind im Moment das Einzige, das mein Hirn behalten kann. Na super; kommt gerade zur rechten Zeit! Hatte auch lange keine mehr. Fängt so das Fieber in der Lampe an? Wo ist der Schalter, den ich fürs Auswendiglernen brauche? Da ich schon älter bin, spielt mein Langzeitgedächtnis wohl eine große Rolle. Den Spaß, die Freude, einfach alles, was ich hier lerne (auch positiv über mich). Das behalte ich auf jeden Fall! Das Beste, was ich erleben durfte - im Team -! DANKE
Doris

Ich spiele schon seit drei Jahren laienhaft Theater. In den drei Jahren war sogar ein Brocken wie "Les Misérables" dabei, wo ich die Hauptrolle spielen durfte. Jedoch ist dieses Projekt mit nichts zu vergleichen. Es ist wunderschön zu sehen, wie wildfremde Menschen zusammen finden und dieses Projekt immer konkreter wird und endlich ein Gesicht bekommt. Hier im altehrwürdigen Consol Theater, jetzt gerade in diesem Moment, entsteht etwas Wundervolles.

Dienstag, 2. Februar 2010

Morgens: Wir proben an unserer Kochshow und überlegen, welche Requisiten wir dafür verwenden könnten. Das wird eine wilde Szene und macht uns allen Spaß beim Proben. Der Zynismus, den die Vorschläge von Politikern über die "vernünftige und gesunde Ernährungsweise" von Hartz 4 Empfängern in meinen Augen haben, wird in dieser Szene noch verschärft. Durch unsere langen und intensiven Vorgespräche mit den Spielern haben wir da sehr verschiedene Einblicke gewinnen können. Menschen sind verschieden. Auch die Menschen in unserem Projekt. Manche ernähren sich trotz Geldmangel gesund, andere sparen Strom, indem alles vorgefertigte Essen in der Mikrowelle erwärmt wird.
Ich denke an altes, nicht verwendetes Material und suche es für den Blog heraus.

"Wenn es Gurken im Angebot für 29 Cent gibt, dann kann ich nicht widerstehen. Esse ich gerne, Gurken. Jetzt sind die ja so eingeschweißt. Das finde ich klasse. Die halten dann nämlich richtig lange im Kühlschrank. Ich mache dann immer nur ein bisschen die Folie ab, nur so weit, wie ich die Gurke abschneide. Die letzte hat drei Wochen gehalten und war noch richtig gut und frisch. Paprika esse ich auch gerne. Die drei abgepackten. Werden im Winter aber wieder teurer."

"Ich teile mir den Monat immer in 3 Dekaden ein. Damit komme ich am besten klar. Vorher hat das nicht so gut geklappt. Aber man denkt sich da rein. Wurst und Käse kaufe ich auf dem Flohmarkt; die Sachen sind dann noch eine Woche haltbar und die friere ich dann ein. Das permanente Rechnen kann ich - das habe ich gelernt. An Pfingsten hat mal was mit den Zahlungen nicht geklappt. Da war nix mehr da. Also bin ich aufs Amt und habe der Sachbearbeiterin sagen müssen, dass ich kein Geld zum Essen mehr habe. Sie hat mir eine Karte gegeben und ich konnte mir 50 € für Essen aus dem Automaten ziehen. Ich habe mich geschämt. Später wollte meine Sachbearbeiterin wissen, wie der Raum aussieht, wo der Automat steht. Sie war selbst noch nie drin gewesen."


"Mein Bad hat kein Fenster. Zum Stromsparen (außer beim Duschen) darf nur meine Taschenlampe anwesend sein. Von den Deckenbeleuchtungen drehte ich diverse Birnen raus. Obwohl mir oft die Augen tränen, wegen des Zwielichtes. Oder die Augen sind total erschüttert, was sie zu sehen bekommen."

Freitag, 29. Januar 2010

Fundstück zum Thema

Eine Woche Pause im Projekt. Barbara Wachendorff schreibt und feilt an den Texten für die Szenen, damit in der nächsten Woche an verbindlichen Fassungen gearbeitet werden kann. Mails gehen hin und her zwischen uns.
Dazwischen: Kostüme kaufen für die Spielerinnen und Spieler. Den Schlußverkauf nutzen.
Jeden Tag erscheinen Nachrichten zum Arbeitsmarkt, zu Hartz 4.
In einem Roman lese ich ein Gedichtzitat, das den positiven, Gott dienenden Aspekt von Arbeit betont.

Werkleute sind wir

Werkleute sind wir: Knappen, Jünger, Meister,
und bauen dich, du hohes Mittelschiff.
Und manchmal kommt ein ernster Hergereister,
geht wie ein Glanz durch unsre hundert Geister
und zeigt uns zitternd einen neuen Griff.

Wir steigen in die wiegenden Gerüste,
in unsern Händen hängt der Hammer schwer,
bis eine Stunde uns die Stirnen küsste,
die strahlend und als ob sie Alles wüsste
von dir kommt, wie der Wind vom Meer.

Dann ist ein Hallen von dem vielen Hämmern
und durch die Berge geht es Stoß um Stoß.
Erst wenn es dunkelt lassen wir dich los:
Und deine kommenden Konturen dämmern.

Gott, du bist groß.

Rainer Maria Rilke, 26.9.1899, Berlin-Schmargendorf

Montag, 25. Januar 2010

Aus dem Probentagebuch (1)

Samstag, 23.1.2010

Heute hat Ali zugegeben, dass er der beste Kollege von die coole Alfred ist. Sollen wir das glauben? Wenn ja, kann das Theaterstück einfach nur ein Erfolg werden.
Alfred


Wir sind ein völlig gemischter Haufen. Das ist genial. Ich genieße es, wie gut wir uns verstehen und wie gut wir zusammenarbeiten.Mittlerweile sind wir ein eingespieltes Team. Heute wurde es ganz deutlich, als wir die Idee für eine Choreographie sofort richtig gut umgesetzt haben. Irgendwie erleichtert mich das.
Vera

Wilma hat wieder eine Suppe für uns alle gemacht. Mit Sauerkraut und Hackfleisch. So können wir in der Mittagspause alle gemeinsam essen. Das gehört irgendwie auch dazu. Eigentlich wollten Barbara Wachendorff und ich das Mittagessen machen, aber schaffen es nicht neben all dem Zuerledigenden. Und sind sehr dankbar für den Partyservice von Wilma und Siegbert.
Ulrike

Samstag, 23. Januar 2010

17 Köpfe sind kreativer als ein Kopf allein: Märchenanfänge von "Arbeit"

Es ist Samstag und wir proben heute in der großen Gruppe. Gearbeitet wird an Gruppenszenen, die im Kontrast zu den Einzelszenen stehen werden. Immer wieder, so unsere Vorstellung, werden einzelne Spielerinnen und Spieler sich aus der Gruppe lösen und ihre Geschichte erzählen. Oder als Einzelne der gesamten Gruppe gegenüberstehen. Ein Textmaterial, was bei einer solchen Gruppenszene entstanden ist, sind improvisierte Märchenanfänge zum Thema "Arbeit". Die SpielerInnen saßen in in einer Reihe und hatten die Aufgabe, sich gegenseitig zu unterbrechen und dann einen neuen Märchenanfang zu improvisieren.
Hier die nicht im Projekt verwendeten "Märchen":

Es war einmal eine sehr alte Frau, die wohnte in einem Haus in einem großen Wald. Sie hatte kein Holz mehr und wollte welches im Wald holen. Sie fand keine Pilze, aber Holz. Sie sammelte alles, was sie finden konnte, einen riesigen Berg Reisig, so riesig, dass sie den kaum auf ihrem Buckel tragen konnte. Das hatte ein Förster beobachtet, ein junger starker Förster, der hilft ihr das Holz hoch zu wuchten so dass die Mutter ganz krumm und gebeugt vor ihm stand: – lieber Förster kannst du mich...

Es war einmal ein Stuhl, der fühlte sich besessen. Ging zum Exorzisten, der auch Psychologe war. Der fragte: was willst du, ich behandele sehr selten Stühle. „Ich fühle mich sehr krank“ sagte da der Stuhl. "Deine Stuhlkrankheit ist Besessenheit", sagte der Exorzist. „Wie fühlst du dich?“ „Bei Kindern gut, bei Matronen mit 160 kg schlecht, dann fühle ich mich sehr besessen!“ „Sollen wir das austreiben? „Ja, das ist eine gute Idee“. Der Exorzist holte eine Säge. Er sägte in einer langen Operation ½ Cm eines der Stuhlbeine an. Er sagte: „ Wenn jetzt schwere Leute kommen, und sich auf dich setzen wollen, bricht der ganze Stuhl zusammen und du bist nicht mehr besessen. Der Stuhl ging fröhlich im Stuhlgang nach Hause.

Es war einmal ein Rentier, das immer sprechen lernen wollte. Eines Tages beobachtete es einen kleinen Jungen, der einen Fluss überqueren wollte. Der kleine Junge balancierte bis zu den Knien auf den rutschigen Steinen im Flussbett. Dann rutschte er aus und fand keinen Halt, die Strömung riss ihn fort und er wäre sicher ertrunken, hätte das Rentier ihn nicht gerettet. Als das Rentier sich verabschiedete, sagte der kleine Junge: Zum Dank für deine Tat sollst du einmal im Jahr sprechen können und zwar an Heiligabend. Das Rentier freute sich sehr auf Heiligabend und in dem Stall, in dem es sein Winterquartier hatte konnten an diesem Heiligabend alle Tiere sprechen, die Kühe, die Schweine, aber auch die Fliegen und die Ratten in der Ecke unter dem Stroh. Das war eine lustige Gesellschaft! Die Tiere erzählten sich Geschichten und lachten und feierten. Der Tag verging natürlich viel zu schnell. Das Rentier hätte gerne mehr Tage gehabt. Er wurde älter-

Es war einmal ein Malermeister und ein Lehrling, die arbeiteten bei einem Schuhmachermeister. Lehrling erzählte ihm was von „Glyzeringelantine“ und der Schuhmacher hat das geglaubt. Der Lehrling lachte sich kaputt.

Es war einmal eine Flasche Wodka, 93%, die stand auf einem Schreibtisch. Die sollte aber eigentlich in der Schublade liegen. Aber der junge Mann, konnte arbeiten wie verrückt, weil er Wodka trank. Immer Schublade auf, ein Schlückchen und Schublade wieder zu, das war ihm zu blöd, deswegen stand die Pulle einfach auf dem Tisch. Jetzt konnten es alle Kollegen sehen. Dann musste er sich beim Chef melden. Der beschimpfte ihn direkt mit du blöde Sau! Da sagte Hans Franz, "aber Chef, bevor Sie hier schimpfen, probieren Sie mal selber, das geht super locker, ich trinke und arbeite, das ist prima". Der Chef überlegte, soll ich, soll ich nicht? Dann holte Hans Franz Zahnputzbecher und goss dem Chef ein und auch den anderen Kollegen, die hinzugekommen waren. Sie probierten und arbeiteten, dann probierten sie wieder und arbeiteten und es ging irgendwie besser, alle lachten und duzten sich, alles wurde plötzlich leichter, die Kolleginnen sagten, ich heiße übrigens Else, ich heiße Susi Rückwärts, irgendwie war das Gefühl in der Arbeit zurück gekehrt.

Es war einmal ein junger Mann aus München, der arbeitete auf dem Viktualienmarkt. Kam dann nach Gelsenkirchen. Komme mit der Ausdrucksweise nicht klar.

Semmeln sind hier Brötchen

Bündel ist ein Strauss (ist für mich ein Tier aus dem Zoo)

Labskaas ist hier Leberkäse

Zum Vermittler.

Pfund ist ½ Kilo. Er hat dann eine Anstellung im „Schmankerlstübchen“ bekommen.

Es war einmal ein kleiner Junge auf einer Farm. Er träumte davon, Schauspieler zu werden. Sein Name in Leuchtschrift. Er wurde eines Tages entdeckt.

Es war einmal eine Frau, die wollte Karriere machen.

Es war einmal eine alte Frau, die war auf Hilfe angewiesen, die konnte nicht mehr allein leben. Sie bestellte ein Umzugsunternehmen. Dann ging’s los. Sie lebte seit weit über 50 Jahren in dieser-

Es war einmal eine junge Frau, die hatte Verkäuferin gelernt. Aber nun wurde der Laden geschlossen und sie durfte im Büro anfangen. Sollte einen Text über Gardinenreinigung schreiben auf einer Kugelkopfschreibmaschine. Immer wieder Fehler kamen rein-

Es war einmal ein Mann, der hatte 40 Jahre Berufsleben hinter sich. 40 Jahre pünktlich um 6 Uhr aufstehen war sein Lebensinhalt. Dann wurde das Werk in Walsum geschlossen. Sein Lebensinhalt weg. Fing an, Orgeln zu bauen.

Es war einmal nach dem Krieg. In einer Malerwerkstatt. Da gab es Wasserflecken im Kindergarten. Aber kein Material. Ein uraltes Mittel ist Kuhscheiße. Die Kuhscheiße auf der Wiese war eingetrocknet. Also zum Bauernhof. Den Eimer unter den Kuhschwanz-

Es war einmal ein 12-jähriger Junge aus Rumänien, der in Köln lebte. Wenn dieser Junge von seiner Arbeit am Hauptbahnhof zurückkam, musste alles abgegeben werden. Wenn er zu wenig hatte, wurde er geschlagen. Er überlegte, wie er das ändern könnte. Seine Arbeit war es am Hbf Menschen zu beklauen. Aber er wollte nicht klauen und hatte deswegen immer zu wenig in der Tasche, weniger als die anderen Kinder.

Es war einmal ein Zahnarzt, sehr nett anzusehen. Er war muskulös und hatte ein gewinnendes Lächeln. Das war Fassade. Er war pervers! Er behandelte vorwiegend Frauen. Die alten Frauen so ab 50 hat er betäubt und hat den Frauen alle Zähne, ein Zahn nach dem raus gezogen. Bei jungen Mädchen hat er eine besondere Methode, wenn sie auf dem Stuhl saßen, hat er die Handgelenke angebunden, festgebunden und dann betäubt und hat dann jedem Mädchen einen Mikrochip unter die Haut gepflanzt und er konnte so die Mädchen beobachten. Und er hat sie beobachtet, unter der Dusche, bei der Selbstbefriedigung, mit ihrem Freund...
Es war einmal eine Politikerin. Das Land das sie regierte, steckte in einer großen Krise. Sie versuchte diese Krise einem Impfstoff zu bekämpfen. Die Impfung war umsonst. Nach der Impfung würden alle, die geimpft waren, wie verrückt arbeiten wollen. Das war in dem Impfstoff drin.

Es war einmal eine linke Partei, die suchte professionelle Eierwerfer. Das Arbeitsamt vermittelte 200 Menschen, die jetzt professionelle Eierwerfer werden wollten. Da waren zwar Fischwerfer dabei, aber das Werfen von Eiern ist eine ganz besondere Tätigkeit. Das musste also geübt werden, alle 200 Menschen übten gezieltes und aggressives Eierwerfen und von den Massen von Eiern, die da zerschmissen wurden, konnte man den Armen der Stadt ein ziemlich großes und leckeres Rührei machen. Also gab es eine Volksspeisung mit Rührei.

Es war einmal ein berühmter Trapezkünstler im Zirkus. Ohne Arbeit. Der Zirkus, bei dem er sich bewarb, suchte aber einen Dompteur.

Donnerstag, 21. Januar 2010

Die Expertenmeinung zum Projekt

Für mich eine ganz neue "Herausforderung". Spannung von Anfang an, zu sehen wie das Stück entsteht.
Ein Spieler

Ich bin ein alter Theaterhase, spiele seit 15 Jahren in der freien Theatergruppe ZUGABE und habe mich aus Neugier und Spaß an der Freud für dieses Projekt interessiert. Es ist eine große Herausforderung und macht mir viel Freude. Wir sind auch eine gute Truppe, die auch im mitmenschlichen Bereich prima zusammenpasst. Barbara überrascht uns immer wieder mit ihrer Phantasie. Ich bin gespannt auf das Ergebnis und bin zuversichtlich, dass es ein Erfolg wird.
Gisela

Dienstag, 19. Januar 2010

Ein Arbeitstag im Projekt (18.1.2020)

6:30

Mein Wecker piepst.

Ich hau ihn.

Er piepst wieder.

Ich hau noch mal.

Aufstehen. Kaffeemaschine an. Unter die Dusche. Radio an. Liste machen für heute.

Ich kann noch nicht denken. Nach dem zweiten Kaffee geht’s.

8:00

Schnell noch eine Email an das Stadtarchiv schicken, um einen Termin für das Heraussuchen von Fotomaterial zu vereinbaren.

Im Postfach: 3 Emails von Barbara Wachendorff mit neuen Szenen-Texten. Gründlich lesen! Kaffee zu Ende trinken und dann los.

Zum Glück ist die Autobahn frei. Alle anderen arbeiten wohl schon. Nur wir sind heute später dran als sonst.

11:00

Probe mit Barbara J., Schauspielerin und Sängerin. Eigentlich wollen wir mit ihr und einer anderen Spielerin eine geschriebene Szene arbeiten, aber A. ist krank. Schwere Bronchitis. Wie bringen wir das Thema "kreativer Beruf" in das Projekt ein? Ohne das es selbstreferentiell wird? Wir holen uns Inspiration durch einen Dokumentarfilm über eine 86-jährige Tänzerin. Sie hat es geschafft, Leben und Kunst miteinander zu verbinden; Kinder und Beruf, künstlerisches Tun und gesellschaftspolitisches Argument. Sind sehr beeindruckt. Und gucken -entgegen unserer Planung- den Film in voller Länge.

Ja, wenn wir einen ähnlichen Zugang finden, dann läßt sich das Thema gut in unser Projekt integrieren.

13:20

Für den nächsten Termin sind wir bereits 5 Minuten zu spät. In der benachbarten Gesamtschule bekommen wir von einem entspannten Lehrer Kaffee. Dann lernen wir Schüler und Schülerinnen des Musikkurs kennen, die im Projekt eine Band spielen sollen. Wir erzählen von dem Inhalt und den beteiligten Menschen. Danach spielen uns die Schüler ihre Musik vor und singen. Das hat eine enorme Energie!!! Im Brustkorb vibrieren die Knochen, Füße zucken unwillkürlich. Beim anschließenden Gespräch stellt sich dann heraus, dass das größte Problem die Organisation von Probenterminen sein wird. Wir verabreden uns für Mittwoch, um noch mal detaillierter über die Proben zu sprechen. Die Jugendlichen wollen "Nothing else matters" von Metallica vorbereiten.

16:20-16:40
Mittagessen

16:40

Der Spieler A kommt zur Probe. Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil wir noch nicht richtig fertig mit dem Mittagessen sind und auch noch nicht alles vorbereitet ist. Er ist aber ganz entspannt. Proben wollen wir seine Szene, in der er von seiner Arbeit im Schlachthof erzählt.

Es ist eine der ersten Szenenideen und sie hat schon sehr konkrete Formen angenommen. Aber der Text enthält nach wie vor fachliche Fehler und daher muss er erneut bearbeitet werden. Macht nix - aber das ist jetzt endgültig die letzte Fassung!!!

18:00

Ein Spieler hat abgesagt und Barbara Wachendorff und ich nutzen die Zeit, um Organisatorisches und Inhaltliches zu besprechen.

19:00

Wir improvisieren eine Szene, in der eine türkische Mutter und ihr Sohn darüber streiten, ob die Familie wieder in die Türkei zurückgehen soll oder nicht. Auf Deutsch und Türkisch vertreten sie ihre gegensätzlichen Positionen. Die beiden Spieler mögen diese Szene und das merkt man deutlich. In drei Durchgängen der Szene bekommen wir genügend Material. Heute Nacht oder morgen kann Barbara sie schreiben.

20:00

Letzte Probeneinheit für heute ist eine Albtraum-Szene: Von verschiedenen Mitarbeitern der Arbeitsagentur wird eine Spielerin bedrängt, befragt, aufgefordert, wieder bedrängt, befragt und aufgefordert. Niemand scheint wirklich auf sie einzugehen. Sie wird über die Bühne getrieben und fühlt sich hilf- und machtlos. Immer wieder und wieder.

Vor ein paar Tagen lief eine Dokumentation im Fernsehen über Menschen, die Hartz 4 beziehen. Was mir im Kopf blieb: Der Analphabet, der immer wieder Bescheide über Bescheide bekommt. Die er nicht lesen kann. Und die Bescheide sind mit Sanktionen verbunden. Sein Weg führt über die Zwangsräumung ins Obdachlosenheim. Der dortige Leiter sagt, dass das überhaupt nicht rechtens ist. Die Arge muss die Miete bezahlen. Passiert aber nicht.

21:00

Noch schnell was einkaufen. Ab in den Supermarkt, der bis 22:00 Uhr geöffnet hat.

Die A 40 ist wieder einmal in Essen gesperrt. BAP singt vom Leben und von der Arbeit und von Autojagden in Köln.

Was für ein Arbeitstag.

Ich verordne mir, keine Emails mehr zu lesen und ein Glas Wein zu trinken.

23:00

Ich stelle den Wecker auf 6:00. Brrrrrrr!

Sonntag, 17. Januar 2010

Improvisationsmaterial I:

Zu Beginn unserer Recherche zum Thema "Arbeit in Gelsenkirchen " fielen uns die vielen leerstehenden Wohnungen in Bismarck auf. Daraus entstand die Idee, dass das Projekt auch in einer großen leerstehenden Wohnung stattfinden könnte. In jedem der Zimmer dieser Wohnung sollte ein anderer Spieler, eine andere Spielerin ihre Erfahrung mit "Arbeit" erzählen.

In einem Zimmer packt eine Frau Umzugskartons und bittet das Publikum mit folgenden Sätzen um Unterstützung:

"Als der Brief kam, war ich wie vorn Kopf geschlagen. Hartz 4 ist ja schon schlimm genug, aber das jetzt. Ausziehen, umziehen, eine Wohnung finden, die „angemessen“ ist. Was heißt das bitte? Angemessen? Ich wohne hier seit sechs Jahren. Ist auch kein Luxus hier. Gucken Sie mal! Aber hier sind 25 qm zu viel. Für einen.

Könnten Sie mir mal den Karton aufhalten? Danke.

Der Haken ist: Ich will hier nicht weg. „Ab ins Ghetto“ hat der Mensch von der Hausverwaltung zu mir gesagt. Der wollte mir noch nicht mal einen Bescheid für die Arge ausstellen. Das ginge ihn nichts an – er sei ja nicht bei der Arge beschäftigt, warum sollte er mir also eine Bescheinigung ausstellen, dass ich mich um eine kleinere Wohnung bemühe.

Einfach zum Kotzen!"

Im November 2009 entschieden wir uns dann, das Projekt doch auf der Bühne im Consol Theater stattfinden zu lassen. Durch den Hinterkopf spuken noch die Sätze vom "verordneten Umzug".

Ein Auszug aus dem Text von George Orwell: Was ist Arbeit? (1937)

"Was ist Arbeit und was ist keine Arbeit? Ist es Arbeit, zu graben, zu zimmern, Bäume zu pflanzen, Bäume zu fällen, zu reiten, zu fischen, zu jagen, Hühner zu füttern, Klavier zu spielen, zu fotografieren, ein Haus zu bauen, zu kochen zu nähen, Hüte zu schmücken, Motorräder zu flicken? Alle diese Dinge gelten als Arbeit für den einen, und alle gelten als Spiel für den anderen. Tatsächlich gibt es sehr wenig Tätigkeiten, die nicht entweder als Arbeit oder als Spiel klassiert werden können, je nachdem, wie man sie betrachtet. Der vom Graben befreite Arbeiter möchte vielleicht seine Freizeit, oder einen Teil davon, mit Klavierspielen verbringen, während der Berufspianist unter Umständen nur allzu froh ist, an die frische Luft zu kommen und im Kartoffelbeet zu graben."

Donnerstag, 14. Januar 2010

Was ist Arbeit?

Schweine schlachten,
Brötchen im Akkord schmieren,
im Supermarkt kassieren,
Möbel restaurieren,
die Fahrtkostenabrechnung machen,
eine Vase töpfern,
am Computer arbeiten,
Kleidung an der Stange ordnen,
Kabel verbinden , aufrollen und/oder stecken,
eine Wand anstreichen.

Die Liste ließe sich beliebig fortzusetzen...


Ist Arbeit abwechslungsreich?
Oder ist Arbeit immer monoton?

Improvisation zur automatisierten Arbeit: Die Supermarktkassiererin

Als ich die Kassiererin spielte, freute ich mich als beim "Piepen" [der Scannerkasse] die "Zuschauer" viel zu lachen hatten.
UND: Keine Dramen mit den Damen!
Bin happy, dass ich dabei sein darf, da ich ansonsten zurückgezogen lebe.

Doris

Geschichte aus erster Hand

In unserer Probe gestern erzählten uns Wilma und Siegbert von Gelsenkirchen während des 2. Weltkriegs und in der Zeit des Wiederaufbaus. Sie sind die ältesten Spieler in unserem Projekt und können uns Auskunft über ein halbes Jahrhundert Stadtentwicklung geben.
Mich fasziniert die Geschichte, wie Siegberts Familie nach Gelsenkirchen kam: Von Masuren wollte der Großvater eigentlich über Hamburg nach Amerika auswandern. Die Großmutter sah das Meer und bekam es mit der Angst und wollte nicht mehr nach Amerika. So zog die Familie ins Ruhrgebiet. Weil es dort Arbeit gab. Der Großvater wurde Hauer in der Zeche "Bergmannsglück".
Sie erzählen uns von den Hausschlachtungen, vom langsamen Ende der Zechen, von den 5 Wirtschaftssäulen der Stadt Kohle, Stahl, Chemie, Glas und Textil.

"Wir saßen praktisch auf der Kohle, aber hatten keine. Also haben wir von den offenen Waggons die Kohle runtergeholt. Die Waggons sind dann nach England gefahren."