Freitag, 12. März 2010

Letzte Vorstellung der 1. Staffel

Samstag, 6.3.2010

13:05
Leicht verspätet (durch einen Stau auf der Bismarckstrasse!!!) komme ich bei einem unser Spieler an. Wir sind dort mit einem Journalist vom WDR verabredet, der über unser Projekt berichten will. Aktenordner mit Bewerbungen werden in die Kamera gehalten, Fred und Alfred erzählen, wie mühsam es ist, sich zu bewerben und auch wie schwergängig die staatliche Vermittlung dabei ist. Beide haben allerdings sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht: Während dem einen eine Weiterbildungsmaßnahme problemlos bewilligt wurde, bekam der andere eine nötige Computerprogrammschulung nicht. Wegen seines Alters.

15:00
Ich fahre zum Theater, bereite die Kostüme und Requisiten vor. Da am Tag vorher eine große Veranstaltung im Theater war, mussten wir alles wegpacken. Nachher wird keine Zeit dazu sein, weil ja geprobt und gefilmt werden muss...
Auf meinem Handy geht eine SMS ohne Inhalt ein. Ich rufe zurück. Eine Spielerin meldet sich. Sie hat eine Stimmbandentzündung, hofft aber, dass ihre Stimme beim Auftritt heute abend mitmacht. Sie trinkt Salbeitee und luscht Hustenbonbons.

17 Uhr
Der zweite Anruf: Stimme ist komplett weg, außerdem Übelkeit. An Theaterspielen ist da gar nicht zu denken, da hilft nur Bettruhe. Ich wünsche von Herzen gute Besserung und gleichzeitig rattert es im Kopf, was das für die kommenden Vorstellung bedeutet. Der alte Theaterspruch "Der Lappen muss hoch" schwirrt in meinem Kopf. Der ist da seit meiner Assistentenzeit eingebrannt.
Barbara und ich gehen die Szenen durch und entscheiden uns fürs Streichen.

17:45 Uhr
Die ersten Spieler kommen, ziehen sich um und wir starten direkt mit den Proben von einzelnen Szenen. Der WDR filmt. Dazwischen noch Soundcheck. Alles wird doch ziemlich knapp. Brötchen abholen, Schminken, Aufwärmen, dazwischen kurze Interviews - das alles im Schnelldurchlauf heute.

19:45 Uhr
Einlass.

Um 22 Uhr ist eine sehr schöne, lebendige Vorstellung zu Ende und gemeinsam mit dem Publikum wird diskutiert. Auch kontrovers.

Ab 22:30 Uhr sitzen wir alle am langen Tisch in der Kellerbar und freuen uns über das gelungene Projekt. Und auf die nächsten Vorstellungen im November 2010!

P.S. Unter http://www.wdr.de/mediathek/html/regional/2010/03/09/lokalzeot-duisburg-hartz-iv-buehne.xml kann man sich den entstandenen Beitrag ansehen.

Mittwoch, 3. März 2010

Schon die vorletzte Vorstellung...

Sonntag, 28.2.2010

16:00
Sturmtief "Xynthia" hat auf dem Vorplatz das Dach der Freilichtbühne runtergefetzt. Man muss sich mühsam durch den Regen kämpfen. Mal sehen, ob die angemeldeten 140 Zuschauer kommen? Und alle Spielerinnen und Spieler?

16:30
Per Sms kriege ich Bescheid, dass zwei Spieler später, aber noch rechtzeitig kommen werden.
In den Vorbereitungen sind wir inszwischen alle miteinander richtig routiniert.
Eine Szene, die bei der letzten Vorstellung unsicher war, möchte ich noch vorher proben.

17:45
Alle sind auf ihren Anfangspositionen. Alle sind da. Und das Publikum auch. Durch den Sturm.

18:30
Während der Vorstellung hört man den Wind stürmen. Vielleicht ist es auch die Consol Fahne, die heftig flattert? Aber das hat irgendwie auch was.

20:00
Beim Publikumsgespräch ist eine Frau aus Mannheim. Sie sagt etwas sehr Schönes: "Ich bin hier durch Zufall hingekommen. Ich würde wünschen, dass die Wände des Theaters aus Glas sind. So dass man von außen hinein sehen kann. Und sieht, was hier Wunderbares gespielt wird. Ich würde sie alle am liebsten mit nach Mannheim nehmen!"

Vierte Runde

Freitag, 26.2.2010

18:20
Ich stürme -durch Stau mit leichter Verspätung- in die Bäckerei unseres Vertrauens, um die 30 Brötchen für die Vorstellung abzuholen. Aber es gibt sie nicht. Die Chefin hat eine Backofen-Fuhre verbrennen lassen und jetzt sind keine da. Tja, auch Chefs sind nur Menschen. Jetzt gibt es nur noch Mohnbrötchen und Zwiebelstangen. Also her damit!

18:30
Mit Diana schmiere ich Brötchen und warte auf das Eintreffen der anderen. Denn: die Technik hat den Filmbeitrag von Sat 1 schon auf unsere Bühnenleinwand geworfen, damit wir ihn uns gemeinsam angucken können.
Unter folgendem Link findet man ihn im Internet:
http://www.sat1nrw.de/Archiv/Hartz-IV-Theaterstueck/441d1550/
Wir witzeln, dass man ja immer um 5 Kilo dicker aussieht im Film und gucken uns gemeinsam den Beitrag an.

19:00
Gisela und Chrissi werden vom Ton verkabelt.

19:20
Ein entspannendes Warm-Up stimmt alle auf die Aufführung ein. Ich könnte im Stehen einschlafen. Sven ist da, um die Aufführung zu filmen.

20:00
Vorstellung läuft. Eine gute, wie ich finde.

22:00
Im anschließenden Publikumsgespräch geht es um die Entstehung des Projekts; um die einzelnen Szenen.
"Das war eine sehr runde Sache!"
"Toll, wie authentisch da vom eigenen Leben erzählt wurde."
"Von wem stammten die Sachtexte?" "Von Jeremy Rifkin, 1994 geschrieben." "Ja,absolut aktuell. Aber viele Texte von Karl Marx sind das auch."
"Ich hätte auch noch spannend gefunden, wenn ein Kind arbeitsloser Eltern mitgespielt hätte und seine Perspektive erzählt hätte."

Dritte Vorstellung

Mittwoch, 24.2.2010

17:30
Es hat einen Wetterumschwung gegeben, es ist warm draußen. Aber der bedeutet auch irgendwie starke Müdigkeit bei allen Spielerinnen und Spieler. Teilweise kommen sie direkt von der Schule oder von der Arbeit ins Theater und heute ist das auch deutlich zu merken. Aber jetzt erstmal ankommen, umziehen und dann Konzentration auf die vor uns liegende Vorstellung.

18:20
Beim Warm-Up machen wir Übungen, die Energie und Schwung bringen.

19:00
Die Vorstellung beginnt. Auch das Publikum ist vom Wetterwechsel leicht beeinflusst. Die Reaktionen sind verhaltener als bei den beiden ersten Vorstellungen.

20:00
Alle Brötchen sind verteilt. Nochmal Schwung holen für den zweiten Teil!

21:00
Beim Applaus wird stärker geklatscht als bei den beiden vorangegangenen Vorstellungen. Klatschen und Trampeln erfreuen und erfrischen das Ensemble.
Viele jüngere Menschen sind heute bei der Vorstellung und so wird das Publikumsgespräch zum Dialog zwischen Jung und Alt:
"Warum gibt es die Szene, in der die Trümmer gezeigt werden? Es ist doch gut, dass das Dritte Reich in Schutt und Asche gelegt wurde!"
"Warum wird die Arbeit als solche nie in Frage gestellt? Es könnte doch auch eine Szene über Müßiggang geben."
"Arbeit gehört zu unserer Gesellschaft dazu. Ich finde es merkwürdig, wenn mir mein Sohn sagt, dass er nach dem Abitur erstmal ein dreiviertel Jahr nichts tun möchte. Irgendwie verstehe ich das auch, aber man muss aufpassen, dass man nicht den Anschluß verpasst."
"Ist ehrenamtliche Tätigkeit eine Perspektive?"