Dienstag, 19. Januar 2010

Ein Arbeitstag im Projekt (18.1.2020)

6:30

Mein Wecker piepst.

Ich hau ihn.

Er piepst wieder.

Ich hau noch mal.

Aufstehen. Kaffeemaschine an. Unter die Dusche. Radio an. Liste machen für heute.

Ich kann noch nicht denken. Nach dem zweiten Kaffee geht’s.

8:00

Schnell noch eine Email an das Stadtarchiv schicken, um einen Termin für das Heraussuchen von Fotomaterial zu vereinbaren.

Im Postfach: 3 Emails von Barbara Wachendorff mit neuen Szenen-Texten. Gründlich lesen! Kaffee zu Ende trinken und dann los.

Zum Glück ist die Autobahn frei. Alle anderen arbeiten wohl schon. Nur wir sind heute später dran als sonst.

11:00

Probe mit Barbara J., Schauspielerin und Sängerin. Eigentlich wollen wir mit ihr und einer anderen Spielerin eine geschriebene Szene arbeiten, aber A. ist krank. Schwere Bronchitis. Wie bringen wir das Thema "kreativer Beruf" in das Projekt ein? Ohne das es selbstreferentiell wird? Wir holen uns Inspiration durch einen Dokumentarfilm über eine 86-jährige Tänzerin. Sie hat es geschafft, Leben und Kunst miteinander zu verbinden; Kinder und Beruf, künstlerisches Tun und gesellschaftspolitisches Argument. Sind sehr beeindruckt. Und gucken -entgegen unserer Planung- den Film in voller Länge.

Ja, wenn wir einen ähnlichen Zugang finden, dann läßt sich das Thema gut in unser Projekt integrieren.

13:20

Für den nächsten Termin sind wir bereits 5 Minuten zu spät. In der benachbarten Gesamtschule bekommen wir von einem entspannten Lehrer Kaffee. Dann lernen wir Schüler und Schülerinnen des Musikkurs kennen, die im Projekt eine Band spielen sollen. Wir erzählen von dem Inhalt und den beteiligten Menschen. Danach spielen uns die Schüler ihre Musik vor und singen. Das hat eine enorme Energie!!! Im Brustkorb vibrieren die Knochen, Füße zucken unwillkürlich. Beim anschließenden Gespräch stellt sich dann heraus, dass das größte Problem die Organisation von Probenterminen sein wird. Wir verabreden uns für Mittwoch, um noch mal detaillierter über die Proben zu sprechen. Die Jugendlichen wollen "Nothing else matters" von Metallica vorbereiten.

16:20-16:40
Mittagessen

16:40

Der Spieler A kommt zur Probe. Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil wir noch nicht richtig fertig mit dem Mittagessen sind und auch noch nicht alles vorbereitet ist. Er ist aber ganz entspannt. Proben wollen wir seine Szene, in der er von seiner Arbeit im Schlachthof erzählt.

Es ist eine der ersten Szenenideen und sie hat schon sehr konkrete Formen angenommen. Aber der Text enthält nach wie vor fachliche Fehler und daher muss er erneut bearbeitet werden. Macht nix - aber das ist jetzt endgültig die letzte Fassung!!!

18:00

Ein Spieler hat abgesagt und Barbara Wachendorff und ich nutzen die Zeit, um Organisatorisches und Inhaltliches zu besprechen.

19:00

Wir improvisieren eine Szene, in der eine türkische Mutter und ihr Sohn darüber streiten, ob die Familie wieder in die Türkei zurückgehen soll oder nicht. Auf Deutsch und Türkisch vertreten sie ihre gegensätzlichen Positionen. Die beiden Spieler mögen diese Szene und das merkt man deutlich. In drei Durchgängen der Szene bekommen wir genügend Material. Heute Nacht oder morgen kann Barbara sie schreiben.

20:00

Letzte Probeneinheit für heute ist eine Albtraum-Szene: Von verschiedenen Mitarbeitern der Arbeitsagentur wird eine Spielerin bedrängt, befragt, aufgefordert, wieder bedrängt, befragt und aufgefordert. Niemand scheint wirklich auf sie einzugehen. Sie wird über die Bühne getrieben und fühlt sich hilf- und machtlos. Immer wieder und wieder.

Vor ein paar Tagen lief eine Dokumentation im Fernsehen über Menschen, die Hartz 4 beziehen. Was mir im Kopf blieb: Der Analphabet, der immer wieder Bescheide über Bescheide bekommt. Die er nicht lesen kann. Und die Bescheide sind mit Sanktionen verbunden. Sein Weg führt über die Zwangsräumung ins Obdachlosenheim. Der dortige Leiter sagt, dass das überhaupt nicht rechtens ist. Die Arge muss die Miete bezahlen. Passiert aber nicht.

21:00

Noch schnell was einkaufen. Ab in den Supermarkt, der bis 22:00 Uhr geöffnet hat.

Die A 40 ist wieder einmal in Essen gesperrt. BAP singt vom Leben und von der Arbeit und von Autojagden in Köln.

Was für ein Arbeitstag.

Ich verordne mir, keine Emails mehr zu lesen und ein Glas Wein zu trinken.

23:00

Ich stelle den Wecker auf 6:00. Brrrrrrr!

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